"Ich bin reisefreudig – immer schon gewesen. Nicht umsonst mache ich die Ausbildung zur Kauffrau für Speditions-und Logistikdienstleistungen und gerade eine Zusatzausbildung zur Kauffrau für internationale Geschäftstätigkeiten. Das hat auch mit Reisen und mit „unterwegs sein“ zu tun. Während des Praktikums wollte ich deshalb gern Auslandserfahrung sammeln. Unsere Firma Dachser SE arbeitet international und hat eine Zweitniederlassung in Südafrika. Da mein Ausbildungsbetrieb hier in der Nähe in Berlin die Sparte Landverkehr abdeckt, habe ich mich für eine internationale Niederlassung entschieden, die die Sparten Luft-und Seefracht bedient."
Ich durfte einen ganzen Tag lang mit einem Firmen-LKW mitfahren, der Kunden in ganz Kapstadt mit Maschinenteilen und anderer Fracht beliefert hat. Der Fahrer hat mir alles genau gezeigt und erklärt und mir auch aus der schwierigen Apartheid-Vergangenheit berichtet. Das hat mich sehr berührt. Einige meiner Kollegen wohnten auch in Townships. Sie haben erzählt, wie schwer es ist, dort zu leben und seine Sachen in so beengten Verhältnissen in Ordnung zu halten.
"Ein weiterer Grund für meine Entscheidung für Südafrika: Viele sagen, dass wenn man einmal in Afrika gewesen ist, vom „Afrika-Virus“ befallen ist und immer wieder hierhin zurückkehrt. Für mich stimmt es auf jeden Fall. Ich habe im Alter von 8 bis 10 Jahren mit meinen Eltern drei Jahre lang in Nigeria gelebt, weil mein Vater dort arbeitet. Auch in Südafrika waren wir schon mit der Familie. Ich wollte gern noch mal dorthin – aber nicht als Touristin."
"Es war sonnig und kälter als in Deutschland. Auf der anderen Seite der Erdhalbkugel war gerade Winter, während es bei uns es in diesem Jahr schon sehr früh warm war. Das erwartet man nicht, wenn man nach Südafrika fliegt. Nach einer Einweisung und Rundführung durch die Niederlassung habe ich einen Tag lang Zeit zum Kofferauspacken und Erkunden der Umgebung bekommen."
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kapstadt waren bunt gemischt: Dunkelhäutig und hellhäutig, Englisch, Xhosa, die Sprache eines südafrikanischen Volkes, und Afrikaans sprechend, was auf die Sprache der ehemaligen holländischen Kolonialmacht zurückgeht. Alle waren direkt sehr herzlich zu mir – und neugierig auf eine Europäerin. Sie wollten wissen, wie ich lebe, viel über meine Familie, wie es im deutschen Dachser abläuft, die Dimensionen von Dachser in Europa… So oft kommt es dort auch nicht vor, dass jemand aus dem fernen Europa zum Arbeiten kommt.
"Ich habe jeweils drei bis 4 Tage in einer der Abteilungen Seefrachtimport/- export, Luftfrachtimport/-export, Zollabwicklungen, Nahverkehr, Warehouse, Verkauf und Abrechnung/Buchhaltung mit gearbeitet und einen groben Einblick über die jeweiligen Aufgaben gewonnen. Der Niederlassungsleiter hat mir sogar angeboten, jeder Zeit wiederzukommen und für Dachser Kapstadt zu arbeiten."
"In meiner Freizeit habe ich die lebendige Stadt und das schöne umliegende Land genossen. Am Wochenende war ich beispielsweise mit einigen Kollegen an der Waterfront, die ganz bei mir in der Nähe war. Das ist eine Shopping Mall mit vielen Restaurants im restaurierten Werft- und Hafenviertel. Wir sind auch auf den Lion’s Head gewandert und haben den tollen Ausblick auf die Stadt und den Tafelberg genossen. Es gibt dort so viel zu sehen…"
„Alles in der Umgebung wirkte gut strukturiert, es gab viele hohe Häuser im Zentrum. Auch viele Grünflächen, auf denen allerdings die Obdachlosen liegen und schlafen. Viele Bettler in jedem Alter sind auf den Straßen zu sehen. In Kapstadt ist es aber nicht überall gleich sicher, manche Viertel betritt man als Weißer besser nicht, weil dann die Gefahr besteht, dass man überfallen wird. Es gibt sehr viele arme Leute und eine hohe Kriminalitätsrate."
Ich habe viel Unterstützung bei der Umsetzung des Praktikums erfahren. Bei uns in der Firma werden Praktika in anderen Ländern gefördert – allerdings eher in Europa. Es war schon etwas Besonderes, nach Übersee zu gehen. Meine Ausbilderin Franziska Kwast hat mir dabei geholfen, die Zuständigen bei uns zu überzeugen. Dann war es kein Problem mehr. Für die Planung sollte man schon ein bis zwei Monate rechnen, bevor man startet. Es ging dann relativ schnell, dass der Antrag für das Programm AusbildungWeltweit bewilligt wurde.
Ich habe in jeder Hinsicht nur gute Erfahrungen gemacht. Beruflich habe ich gesehen, wie vielseitig die Speditionsbranche ist. Alles, was ich aus der Schule an Theorie von der See- und Luftfracht kenne, habe ich hier in der praktischen Umsetzung erlebt. Internationale Frachtdokumente kannte ich aus Büchern – hier konnte ich sie wirklich in Händen halten. Das ist auch für meine Prüfungen hilfreich. Und der Kontakt zu zwei neuen Freunden ist auch etwas, das bleibt: Mit meinen Kollegen Adenisha und Jermaine tausche ich mich immer noch wöchentlich per E-Mail aus.
Alle Bilder © Viktoria Quickenstedt