Erasmus+ als europäisches Programm fördert in erster Linie Aufenthalte in Europa und den teilnehmenden Programmländern.
Seit 2021 sind in begrenztem Rahmen auch außereuropäische Aufenthalte möglich. Weitere Infos zu Erasmus+ findest du hier.
Mareike macht dort ein Praktikum. Sie ist begeistert, als sie während ihrer Ausbildung an der Fachschule erfährt, dass sie einen Teil der Ausbildung im Ausland machen kann, gefördert von Erasmus+. Sofort schreibt sie 16 Bewerbungen an Kindergärten in Europa und erhält: Absagen. Der Grund: Im Juli 2023, in dem sie mit dem Anerkennungsjahr auch ihr Praktikum starten will, beginnen in ganz Europa die Sommerferien. Sie fragt ihre Lehrerin, ob ein Praktikum auch außerhalb Europas möglich wäre. Bald ist klar: Auch das geht während der Ausbildung und gefördert werden durch Erasmus+ kann es auch!
„Wie traurig, dass kaum einer weiß, dass es diese Möglichkeit gibt.“
Wieder schreibt sie Bewerbungen, 36, und diesmal bekommt sie vier Zusagen, unter anderem aus Peru und Vietnam. Sie entscheidet sich für die Internationale Deutsche Schule (IGS) in Ho Chi Minh Stadt in Vietnam, an die auch ein Kindergarten angegliedert ist.
„Ich war vorher noch nie in Asien, es hat mich interessiert, die Kultur kennenzulernen.“
Ihre Ansprechpartnerin an der IGS hilft ihr bei der Wohnungssuche holt sie auch vom Flughafen ab, zeigt ihr, wo sie einkaufen kann und den Weg zur IGS.
Deutsch-Unterricht zur Vorbereitung auf den Schulbesuch
„Besonders viel habe ich über Sprachförderung gelernt“, freut sich die Auszubildende. Diese steht im Mittelpunkt des Tagesprogramms in der Vorschulgruppe, in der sie eingesetzt ist. „Ziel ist es, Deutsch zu lernen“, erklärt sie. „Kinder kommen in die Gruppe und können nur Vietnamesisch, vielleicht noch etwas Englisch und müssen auf einmal wissen, wie man zum Beispiel auf Deutsch nach einem Glas fragt.“ Ohne Deutschkenntnisse könnten die Kinder dem Unterricht an der IGS Grundschule nicht folgen, die sie zukünftig besuchen sollen. „Es gibt oft Einzelbetreuung, man setzt sich zusammen und übt mit vielen Wiederholungen“, ergänzt Mareike. Dabei werden sogenannte Kikus-Karten genutzt, Bildkarten zu Themen der kindlichen Erfahrungswelt, etwa zur Familie. Die Karten können auch spielerisch eingesetzt werden. „Über die Bilder kommt man immer gut ins Gespräch“, berichtet sie. Die vietnamesischen Eltern, so die Auszubildende, „wollen den Kindern eine bessere Möglichkeit fürs Leben geben, damit sie mit dem deutschen Abschluss in Europa studieren können.“ In der Gruppe sind aber auch Kinder, deren deutsche Eltern in Vietnam arbeiten und deren Kinder „mit der deutschen Kultur aufwachsen, zum Beispiel die deutschen Feiertage kennenlernen sollen“, ergänzt sie.
Mareike sieht deutliche Bezüge ihres Praktikums in Ho Chi Minh Stadt zu ihrer jetzigen Arbeit im Anerkennungsjahr an der OGS einer Grundschule in der Kleinstadt St. Augustin bei Bonn.
„In meiner Gruppe hier sind Kinder aus dem Irak, dem Iran, der Ukraine, aus Griechenland“, so die Auszubildende. Zwar könnten sich die Kinder bereits auf Deutsch verständigen, erklärt sie. Einbringen könne sie aber ihre Erfahrungen aus Vietnam dennoch. Sie habe gelernt, noch einfühlsamer zu sein, sich mehr Zeit mit einzelnen Kindern zu nehmen und viel zu wiederholen. „Es gab kaum Konflikte in der Gruppe in Vietnam, das ist hier anders“, meint Mareike. Vielleicht habe es an den Sprachbarrieren gelegen, überlegt sie, oder daran, dass vietnamesische Kinder dazu erzogen würden, strebsam zu sein.
Im Gegensatz zu deutschen Kindergärten spielen die Kinder in Ho Chi Minh Stadt nicht oft draußen. „Der Smog ist an den meisten Tagen zu stark“, berichtet die Auszubildende. Zudem ist Regenzeit in Vietnam. Dennoch gefällt Mareike das Land sehr, insbesondere die Menschen seien sehr freundlich.
In ihrer freien Zeit erkundet sie die Stadt und das umliegende Land. Vietnam, so betont sie, sei sehr sicher für allein reisende Frauen.
Lernen durch den Vergleich mit Kitas im Ausland
Wenn sie ihr Anerkennungsjahr beendet hat, will Mareike Marx zunächst in Asien reisen. „Danach möchte ich bei einer Zeitarbeitsfirma arbeiten, um verschiedene Konzepte und Einrichtungen kennenzulernen.“
Seitdem die angehende Erzieherin herausgefunden hat, dass sie bis zu einem Jahr nach Abschluss der Ausbildung ein weiteres gefördertes Praktikum machen kann, schreibt sie wieder Bewerbungen. „Ich will noch ein dreimonatiges Praktikum in Europa machen“, so Mareike.
„Zu vergleichen, das finde ich spannend und die Arbeit mit ausländischen Kindern wird in der heutigen Zeit mit Krieg und vielen Flüchtlingen weiter wichtig sein.“