Jana Gren in Helsinki
Fröhliches Stimmenwirrwarr, Geschirr klappert, der Duft des Mittagessens weht aus der Küche hinüber, kurz stimmt jemand ein Lied an: Die Studierenden der Lärkkulla Academy im Süden Finnlands sitzen zusammen an einem langen Tisch im hellen Speisesaal, Jana Gren, 23, aus Nürnberg mittendrin. Die musikbegeisterte und -begabte junge Frau ist mit Erasmus+ für mehrere Monate nach Finnland gekommen, um sich beruflich weiterzubilden. An der Berufsfachschule für Musik bbs Nürnberg hat sie die Ausbildung zur staatlich geprüften Ensembleleiterin mit pädagogischer Zusatzausbildung erfolgreich abgeschlossen, nun soll es weitergehen – und am liebsten irgendwann an der Hochschule in ein Kompositionsstudium münden.
Jana ist ein lebendiger junger Mensch. Nichts unterscheidet sie von ihren Mitstudierenden bis auf eine Sache: Jana kann nicht sehen. Das hindert sie an nichts. Auch nicht daran, sich auf den langen Weg nach Finnland zu machen und sich dort selbständig zurecht zu finden. Im Alltag hat sie eine Assistenz, die sie bei Einkäufen begleitet, und ihr bei der den Aufgaben wie Wäsche waschen hilft.
Auf die Begleitperson beim Flug, die das Erasmus+-Programm finanziert hätte, hat Jana verzichtet, denn ihre Eltern sind zusammen mit ihr nach Helsinki geflogen. Sie sind jedoch schon nach einer Nacht zurückgeflogen „nachdem sie gemerkt haben, dass ich hier gut aufgehoben bin“, wie Jana sagt.
Sehende und nicht-sehende Menschen seien hier wie eine Familie, erzählt sie weiter. Sie besuchen den Rock-Pop-, Musical- oder Kompositionszweig der Schule, erhalten Einzel- und Ensembleunterricht im Singen, Tanzen oder Instrumentalspiel und setzen dies zusammen in Bands und Ensembles um. Zurzeit ist Jana die einzige blinde Schülerin, doch insgesamt haben bereits zehn blinde oder sehbehinderte Menschen in Lärkkulla gelebt.
„Musik ist mein Licht“, sagt Jana. Täglich übt sie Klavierspielen auf dem Flügel in der Bibliothek, hat Gesangsunterricht. Ihre große Leidenschaft ist es zu komponieren. Die Noten der Musikstücke schreibt sie in Braille-Notenschrift und importiert diese anschließend in Schwarzschrift. Dabei sprudeln ihre musikalischen Ideen: Zwei Opern hat sie schon geschrieben, davon ein Liebesdrama in Neulatein.
Denn Jana hat außer der Leidenschaft für Musik noch eine weitere für Sprachen. Acht Sprachen spricht sie, Finnisch hat sie sich selbst per youtube beigebracht und konnte deshalb gleich in den Fortgeschrittenen-Sprachkurs in Lärkkula einsteigen.
Im Februar 2022 hat Jana Besuch aus Deutschland bekommen. Petra Ondrusek, die Schulleiterin der Berufsfachschule für blinde und sehbehinderte Menschen in Nürnberg, ist privat nach Finnland gereist, um sich das Ausbildungszentrum Lärkkula genauer anzuschauen. Die Schule hat Jana selbst gefunden. „Eine kleine, feine Schule, genau die richtige für sie. Die musikalischen Angebote sind vielfältig, parallel dazu kann Finnisch gelernt werden und jeder, der will, wird bereitwillig in die Gemeinschaft aufgenommen“, sagt Petra Ondrusek.
Fotos: Jana Gren
Text: Christina Budde
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